Berlin, 24.04.23
Es hat eine lange und schmerzliche Tradition, dass Mörder Sexarbeiter*innen ins Visier nehmen, weil die Strafverfolgungsbehörden dazu neigen, nicht allzu genau zu ermitteln und wir als gesellschaftlich entbehrlich gelten. Selbst im Jahr 2023 sind viele Menschen der Meinung, dass wir, wenn wir in diesem prekären Bereich arbeiten, es „darauf ankommen lassen“.
Der Tod einer Frau, die am 17. April in einem Bordell in Friedrichshain ermordet aufgefunden wurde, macht uns als Sexarbeiter*innen und unsere Gewerkschaft sehr betroffen. Auch wenn das ProstituiertenSchutzGesetz seit sechs Jahren in Kraft ist, gibt es wenig bis gar keinen Schutz für Menschen, die im Sexgewerbe arbeiten, eine Situation, die von böswilligen Menschen ausgenutzt wird. Als Gewerkschaft sind wir uns der unsicheren und isolierenden Arbeitsbedingungen bewusst, die von Bordellbetreiber*innen aber auch dem Gesetz aufrechterhalten werden.
Wir fordern eine gründliche Untersuchung der Bedingungen, die diesen Mord ermöglicht haben, und endlich Maßnahmen zur Verbesserung der rechtlichen Situation sowie der Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeiter*innen. Seit langem fordern Sexarbeiter*innen konkrete Schritte, um die Situation zu verbessern, aber von Seiten der Stadtverwaltung und des Gesetzgebers gibt es kaum Reaktionen, geschweige denn Engagement. Zu oft wird uns nicht zugehört, wir sind auf uns allein gestellt und können uns nur um einander kümmern.
Kein Mensch sollte sich auf dem Weg zur Arbeit fragen, ob dies der Tag ist, an dem er angegriffen oder ermordet wird. Auch wir verdienen es, in Sicherheit zu arbeiten und zu leben.
Wir trauern um unsere verlorenen Kolleg*innen. Es bricht uns das Herz, dass wieder eine Frau getötet wurde. Die Vertrautheit und Häufigkeit dieser Trauer ist furchtbar und erschütternd. Mit dieser Erklärung fordern die FAU Berlin und die Sektion Sexarbeit die Menschen in dieser Stadt, die Entscheidungsträger*innen, die Betreiber*innen von Bordellen und anderen Arbeitsplätzen sowie die Gesellschaft als Ganzes auf, es besser zu machen. Wir verfolgen die Ermittlungen der Polizei mit großer Aufmerksamkeit. Wenn ihr uns als Wegwerfware behandelt, lasst ihr uns keine andere Wahl als zu handeln.