Was hat sie bloß so ruiniert? Warum die Linke (vielen) zu ungeil ist
Syndikalistischer Tresen-Talk anlässlich des 10-jährigen Relaunchs der FAU Berlin
Als stünde die Revolution kurz bevor. So laut röhrten die Abgesänge auf den Kapitalismus vor zehn Jahren durch den linken Blätterwald, als wirtschaftliche und politische Krisen den Globus in Wallung versetzten. Heute erscheint dieses Bild vom revolutionären Morgenrot, das da gezeichnet wurde, geradezu kurios. Angesichts des globalen Aufstiegs autoritärer Bewegungen hat sich die radikale Linke mittlerweile mehr auf den antifaschistischen Abwehrkampf eingestellt denn auf die sozialistische Umwälzung.
Weniger optimistisch zeigte sich seinerzeit schon die syndikalistische Direkte Aktion, die in der entstehenden Situation "eher eine Chance für die Reaktion als für den Fortschritt" sah, darauf verweisend, dass die radikale Linke bisher die elementare Aufgabe nicht erfüllt habe, wieder eine klassenpolitische Verankerung in der Gesellschaft herzustellen. „Eine Bewegung, die das ignoriert“, so schlussfolgerte sie, "wird von den Ereignissen überrollt und muss mit ansehen, wie die Geschichte einen dunklen Weg nimmt."
- Emily Laquer (Interventionistische Linke)
- Hannah Wettig (Autorin, u.a. für Jungle World, analyse & Kritik)
- Peter Ullrich (Institut für Protest- und Bewegungsforschung)
Ausschank: Julia Hoffmann und Holger Marcks (beide FAU Berlin)
Hausmusik: Geigerzähler (Schwänke mit Fiedel)
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Tatsächlich befindet sich die Linke heute nicht nur in der prognostizierten Defensive, sondern lässt immer noch jene elementare Basis missen. Wie schon vor der Krise schmort sie häufig im eigenen Saft und wird von breiten Teilen der Gesellschaft gemieden. Mehr noch: Ihrer kauzigen Szenepolitik, so hört man immer öfter, fehle jeglicher Bezug zur Realität der Massen und habe den rechten Aufstieg begünstigt, wenn nicht sogar viele Menschen gegen sie aufgebracht. Von der Arbeiterklasse sei sie weiter entfernt denn je.
Eine bescheidene Ausnahme mag da die FAU Berlin darstellen. Ebenfalls vor zehn Jahren brach sie – nach langen internen Konflikten – mit szenetypischen Organisationspraxen und stellte sich strategisch neu auf. Lange verschrien als Grüppchen von "Kneipenanarchisten", mauserte sie sich so zu einer Organisation mit knapp 500 Mitgliedern. Durch einige erfolgreiche Kämpfe – insbesondere im prekären und migrantischen Bereich – gilt sie heute vielen als innovative Basisgewerkschaft.
Wir möchten diese kleine Erfolgsgeschichte, die im Frühjahr 2008 begann, als Anlass zur Diskussion über das Problem linker Wirkungsmacht nehmen. Wieso findet die Linke kaum Zugriff auf die Verhältnisse, wird nicht als glaubwürdige Alternative wahrgenommen? Wieso mangelt es ihr an Resonanz- und Anschlussfähigkeit, welche Rolle spielt dabei die Identitäts- und Mikropolitik? Kann das Beispiel der FAU Berlin dabei Aufschluss geben? Und wo liegen die Grenzen ihres Ansatzes, wo lässt er sich übertragen oder ausbauen?
Freitag, den 13. April | Beginn: 20.00 Uhr | Im FAU-Lokal | Grüntaler Straße 24 (Berlin-Wedding)