FAU Berlin: Aktuell (Newsfeed)
Schritt für Schritt: Auf dem Weg zu gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit (Teil 3)
Alle vier Jahre ist es wieder soweit: In der letzten Oktoberwoche stehen an der Humboldt-Universität (HU) die Wahlen für die Personalräte des Hochschulbereichs (PR HSB) und den Gesamtpersonalrat (GPR) an. Die Wahlen bieten einen Anlass, über die Rolle dieser Räte nachzudenken. Insbesondere unterbezahlte (Teilzeit-)Beschäftigte im Tarifvertrag der Länder (TV-L) müssen hier nämlich auf recht frustrierende vier Jahre zurückschauen - doch es gibt immerhin auch einige gute Gründe, um trotzdem optimistisch in die Zukunft zu blicken!
#NoNosRepresentan: Sie repräsentieren uns nicht!
Es gibt sicherlich viel zur allgemeinen Kritik an der Logik von Repräsentationspolitik sowie an Betriebs- und Personalrät*innen zu sagen. Doch das Lohndumping im TV-L an Berliner Hochschulen wirft ein noch viel konkreteres Problem auf: Spätestens seit den Gerichtsurteilen in Jena und Berlin 2017 öffnete sich eine repräsentative Lücke: Die Gerichte stellten nämlich fest, dass Studierende, die an Hochschulen mehrheitlich keine Hilfstätigkeiten ausführen und nicht-wissenschaftlich arbeiten, keine studentischen Hilfskräfte sind. Diese Urteile machten darauf aufmerksam, dass an Berliner Hochschulen hunderte Personen fälschlicherweise als studentische Hilfskräfte im TVstud angestellt wurden, statt im TV-L gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu erhalten. Folglich wären für sie die TV-L Personalräte (an der HU: der PR HSB) zuständig, nicht die Personalräte der studentischen Beschäftigten (an der HU: der PRstudB), die wegen ihrer geringen Freistellungen deutlich weniger Zeit zur Durchsetzung der Interessen von Studierenden gegenüber der HU-Leitung haben. Die TV-L Personalräte erklärten sich für nicht zuständig, überforderten dadurch die studentischen Personalräte und ließen die studentischen Beschäftigten im Stich. Letztere organisierten sich daraufhin in der FAU Berlin und anderen Initiativen, um ihre Interessen selbst zu vertreten.
Als die HU-Leitung ab September 2018 einen Einstellungs- und Weiterbeschäftigungsstopp verhängte, verloren hunderte studentische Beschäftigte ihre Stellen. Der PRstudB wurde massiv unter Druck gesetzt, Ausnahmen zuzustimmen und das Lohndumping so weiter zu ermöglichen - doch der PRstudB blieb konsequent. Der Personalrat des Hochschulbereichs (PR HSB) hingegen wollte seine neuen Beschäftigten offenbar weniger konsequent vertreten und setzte zum Nachteil vieler beschäftigter Studierender auf eine "vertrauensvolle" (d.h. sozialpartnerschaftliche) Zusammenarbeit mit der Universitätsleitung.
Den Tiefpunkt erreichte dieser fehlende Einsatz auf Seiten des PR HSB als ihm im Frühjahr 2019 die in TV-L-Stellen umgewandelten Stellenbeschreibungen vorgelegt wurden: Anstatt die Beschäftigten zu ihren Aufgabenbereichen zu befragen oder sich unter den Personalräten auszutauschen, um eine faire Eingruppierung und Bezahlung im TV-L sicherzustellen, stimmte der PR HSB den von der HU Leitung zu niedrig-eingruppierten Stellen zu. "Dabei hätte es damals bei ihnen klingeln müssen, als plötzlich 25%-Stellen in an der HU ungewöhnlich niedrigen Entgeltgruppen auf ihren Tischen lagen", so Clara Zukow, Ansprechperson der HU-Betriebsgruppe, "es ist richtig, Teilzeitstellen mit wenigen Arbeitsstunden kritisch zu betrachten - schließlich sind sie ein Einfallstor für die Prekarisierung von Stellen im TV-L. Aber sich blind zu stellen, den Angaben der Personalabteilung zu folgen und den umgewandelten Stellen zuzustimmen, ohne die betroffenen Beschäftigten zu hören, also ohne sachgemäße Stellenbeschreibungen, ohne korrekte Eingruppierungen? Das ist fahrlässig!". Einige betroffene Studierende haben sich zusammengetan und haben Druck auf Gewerkschaften und Personalräte ausgeübt. Als Betriebsgruppe der FAU Berlin unterstützen wir diese studentischen Beschäftigten dabei, ihre Interessen ohne Personalräte selbst beim Gericht einzufordern.
Was für Außenstehende vielleicht wie ein trockener Verwaltungsakt wirkt, hat für die betroffenen Studierenden tatsächlich massive Konsequenzen: Mit der Zustimmung zu den beschriebenen Eingruppierungen individualisiert der PR HSB ein kollektives arbeitsrechtliches und politisches Thema. Nun muss jede*r studentische Angestellte selbst klagen, um rechtmäßige Eingruppierung zu erreichen - ein Vorgang, den wir als HU-Betriebsgruppe der FAU aktuell in zwei Fällen begleiten. Zusätzlich wurde auch die Belegschaft gespalten: Das vorherrschende Statusdenken der Angestellten soll gegeneinander ausgespielt werden; der HSB als "Gremium der Haupamtlichen" hat hier mutmaßlich ungewollt nach unten getreten und gegen die Interessen der eigenen Belegschaft gehandelt.[3] Dass diese Diskriminierung weiterhin stattfindet, zeigte eine Informationsveranstaltung zu Neuerungen in der Entgeltordnung des TV-L am 02.09.2020: Der PR HSB untersagte Angestellten in niedrigen Entgeltgruppen (E3 und E4), also hauptsächlich Studierenden, eine Teilnahme an der physischen Veranstaltung. Einige Beschäftigte haben ihren Ausschluss nicht hingenommen und sich beim PR HSB und den dazugehörigen DGB-Betriebsgruppen an der HU beschwert.
Was sagt der universitäre Unterbau dazu?
Die Vernachlässigung durch den PR HSB und den Gesamtpersonalrat ist für uns Beschäftigte spürbar. Sie macht uns bewusst, was sowieso schon hätte klar sein müssen: Wir müssen uns selbst um die Probleme kümmern und uns gemeinsam mit Kolleg*innen organisieren, statt auf Hilfe von oben zu hoffen.
Das gilt auf der einen Seite für ganz alltägliche Probleme, wie z.B. mitbestimmungspflichte Änderungen bei der Arbeitsorganisation oder Probleme mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Abteilung. Das gilt auf der anderen Seite jedoch auch für größere politische Konflikte: Als beispielsweise ein Kollege aufgrund seiner Aktivitäten im Zuge von Personalratswahlen sanktioniert wurde, setzten sich der Gesamtpersonalrat und der PR HSB nicht für ihn ein. Obwohl Stellungnahmen von Kolleg*innen vorlagen, war es am Ende die Basisgewerkschaft FAU Berlin, die es dem Beschäftigten ermöglichte, sich selbst zu wehren und die Maßregelung per Arbeitszeugnis zu verhindern.

Flyer des Wahlvorstandes der studentischen Beschäftigten aus Dezember 2019. Auch zum Thema HU Innovation, einem Auslagerungs-Instrument der HU, wurde bisher wenig auf seiten des HSB unternommen.
"Wir müssen uns selbst helfen, auch auf einen Personalrat ist kein Verlass. Für diese gewerkschaftliche Selbsthilfe steht unsere Betriebsgruppe an der HU.", so Clara Zukow, "wir können hoffen, dass ein paar aktive Kolleg*innen in die Räte kommen. Das Wichtigste bleibt aber eine starke, organisierte und solidarische Belegschaft, die sich selbst für ihre Interessen einsetzt und Druck auf Vorgesetzte, Personalräte und Hochschulleitungen ausübt."
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Zu Teil 2 und den Erfolgen von Beschäftigten in der Vergangenheit geht es hier.
FAU schließt Haustarifvertrag in Berliner Schule ab
Erster Jahreskongress der Kultur- und Mediensektion
Am 26. September fand in Berlin der erste Jahreskongress der FAU Kultur- und Mediensektion statt.
Zum Schutz vor Covid-19 (und dem Dauerregen) wurde die Freilichtbühne Weißensee der Veranstaltungsort der Wahl. Trotz des schlechten Wetters war der Kongress gut besucht und viele Genoss*innen freuten sich nach langer Zeit über ein Widersehen.
Auf dem Programm für den Abend stand ein Jahresrückblick und die Vorstellung von AG's und angehenden Betriebsgruppen innerhalb der Sektion. Themenschwerpunkt waren die Plattformökonomie und digital vernetzte Berufe. Spätestens mit der aktuellen Pandemie, hat dieses Arbeitsfeld einen enormen Schub erhalten und ist mit ausbeuterischen Geschäftsmodellen auf dem Vormarsch.
Der Themenschwerpunkt zeigte die Expertise, die sich die Sektion in geführten Konflikten auf diesem Gebiet aneignen konnte und gab einen kämpferischen Zukunftsausblick.
Der Abend endete in großer Runde am Lagerfeuer. Neben Essen, Getränken und einer Tombola blieb viel Zeit für Gespräche und zum Kennenlernen. Außerdem gab es, selten genug in dieser Zeit, Livemusik von Paul Geigerzähler.
Erster Song: Auf die Barrikaden!
Sweco und der BER - wer kritisiert, wird gefeuert
Die Sweco GmbH ist eine Dienstleisterin in Ingenieurangelegenheiten und eines der größten Architekturbüros weltweit. Das Unternehmen ist als familienfreundlicher Arbeitgeber zertifiziert und hat jüngst Finnlands „erste umweltfreundliche Schule“ mitgeplant. Doch Sweco ist nicht nur am Bau von Schulen und familienfreundlicher Unternehmenskultur beteiligt. Sweco baut auch an größeren Projekten, Flughäfen zum Beispiel, darunter auch ein ehemaliges Prestigeobjekt der Stadt Berlin – der BER. Dass es dort drunter und drüber und sonstwohin ging und geht, ist wohl bekannt – von falsch nummerierten Bäumen, zu kurzen Rolltreppen bis hin zu Elektrotüren ohne Verkabelung, Regenwasser, das direkt in die Lüftungsanlage läuft oder aus Wänden fallenden Klopapierhaltern ist auf der Baustelle schon so ziemlich alles vertreten gewesen. Über das dahinterstehende projektplanerische Desaster und dessen Geldströme mag man aus Rücksicht auf die eigene Gesundheit nur mit äußerster Vorsicht nachdenken.
Kein Wunder also, dass man da hin und wieder auch einfach den Überblick über Arbeitnehmer*innenrechte verliert - und sich vielleicht ein wenig erschreckt, wenn man wieder daran erinnert wird. Eines unserer Mitglieder wurde – wenn schon Chaos, dann richtig - auf dem BER für Tätigkeiten eingesetzt, die außerhalb des vereinbarten Einsatzbereichs lagen. Auf sein Nachhaken bei der Geschäftsführung und der Nachfrage beim Betriebsrat, ob dieser denn der Verlegung des Tätigkeitsbereichs zugestimmt hatte, folgte die Antwort in Form einer fristlosen Kündigung.
Unser Mitglied reichte Kündigungsschutzklage ein. Die Terminfindung für die Güteverhandlung gestaltete sich zäh, denn der Anwalt von Sweco war furchtbar beschäftigt. Durch Corona noch einmal verzögert, fand sie schließlich am 15.05. statt. Ein Anwalt von Sweco eilte extra aus Bremen herbei, um unserem Vergleichsangebot nach einer Blitzverhandlung zuzustimmen. Es gab also immerhin eine Abfindung von rund 3000€ sowie die Umwandlung der fristlosen in eine Kündigung aus betrieblichen Gründen - das bedeutet drei weitere Monatsgehälter für unser Mitglied. Und ein gutes Arbeitszeugnis gehört natürlich auch dazu.
Doch was genau war nun mit dem Betriebsrat? Ist es nicht seine Aufgabe, unrechtmäßige Kündigungen zu verhindern? Das könnte man eigentlich meinen. Doch schon bei Betriebsversammlungen ließ der Betriebsrat kaum Diskussionen zu und verwies stattdessen darauf, dass alles, was am BER passiere, streng geheim sei (Stimmt: Die von Sweco auf dem BER eingesetzten Beschäftigten mussten strenge Verschwiegenheitsauflagen unterschreiben – beim Bau einer öffentlichen Einrichtung, die aus steuerlichen Abgaben finanziert wird, ein sehr fragwürdiges Vorgehen). Eine Betriebsrätin sagte zudem, das BER-Projekt sei eine gute Chance für die Firma, Gewinne zu erwirtschaften – die Beschäftigten sollten keine Forderungen stellen, die das gefährden könnten.
Betriebsräte, die ihre Aufgabe darin sehen, die Chef*innen vor den Angestellten zu beschützen, sind für Arbeitgeberinnen natürlich vorzügliche „Sozialpartner“. Manchmal gerät beim wohlklingenden Begriff „Sozialpartnerschaft“ in den Hintergrund, dass das Verhältnis der „Sozialpartner“ (also Arbeitgeber- und nehmer*innen) grundsätzlich von entgegenlaufenden Interessen geprägt ist. Betriebsräte nehmen in diesem Spannungsfeld viel zu oft eine Rolle ein, die plötzlich die Interessen der Arbeiterinnen gar nicht mehr vertritt.
Erfreulich also, dass unser Mitglied trotzdem zu deutlich besseren Konditionen aus dem Unternehmen ausschied als zunächst vorgesehen. Im besten Fall hätte es natürlich eine organisierte, solidarische Belegschaft gegeben, die Angriffe von Arbeitgeber*innenseite abwehren kann – in solch einem Fall braucht es dann nämlich oftmals gar keine Gerichte mehr, um die eigenen Anliegen durchsetzen zu können.
Studentische Klage auf angemessene Bezahlung abgewiesen
Am gestrigen Dienstag, 15. September 2020 wurde vor dem Arbeitsgericht Potsdam über die Befristung und tarifliche Eingruppierung eines Mitglieds der FAU Sektion Potsdam verhandelt. Der Kläger war als studentische Hilfskraft an der Universität Potsdam beschäftigt, wo er organisatorische Aufgaben im IT-Bereich wahrgenommen hat, beispielsweise Terminkoordination, Protokollführung und die Aktualisierung der Website. Das Gericht hat die Klage auf Eingruppierung in den Tarifvertrag der Länder (TV-L) und unbefristete Anstellung abgewiesen.
So war das Gericht der Auffassung, die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten seien wissenschaftlich und müssten daher nicht nach den Regeln des Tarifvertrags behandelt werden. „Es ist enttäuschend, dass das Arbeitsgericht mit diesem Ergebnis die jahrelange Tarifflucht der Universität durchgehen lässt. Folgt man der Annahme des Gerichts, könnte die Uni jetzt auch alle Sekretariate mit Studierenden besetzen, um Lohnkosten zu sparen. In der Verhandlung habe ich nicht den Eindruck erhalten, dass das Gericht sich mit der Umgehungspraxis bei den Hochschulen ernsthaft befassen und die Rechte der Arbeitenden schützen möchte“, bilanziert René Wolf von der FAU.
Vincent Heßelmann von der FAU ergänzt: „Das Ergebnis der heutigen Verhandlung hat uns als Gewerkschaft noch einmal vor Augen geführt, dass auch öffentliche Institutionen wie die Hochschulen nichts unversucht lassen, um bei ihren Angestellten Geld zu sparen. Studentische Beschäftigte haben dabei noch eine schlechtere Position als andere Beschäftigte, solange sie nicht in den TV-L aufgenommen werden. Doch das können nur kämpferische Kolleg*innen gemeinsam erreichen und wir werden sie dabei auch in Zukunft unterstützen“.
Neuer Tarifvertrag stärkt kollektive Selbstorganisation
Nun ist es offiziell: Der neue Tarifvertrag für eine Freie Alternativschule, an welcher die FAU seit 2017 aktiv ist, wurde unterzeichnet und ist rückwirkend zum 01.08.2020 in Kraft getreten! Der Abschluss zwischen dem Trägerverein der Schule und dem Allgemeinen Syndikat Berlin der FAU enthält viele neue Regelungen, welche die Struktur der Schule als kooperative Gemeinschaft stärken und sichern sollen. Der Trägerverein und der geschäftsführende Vorstand werden noch enger verpflichtet, die Entscheidungen innerhalb der Schule selbst und ihre Autonomie zu respektieren, welche als Freie Alternativschule von einem Kollektiv in enger Zusammenarbeit mit den Familien gestaltet und betrieben wird. Daneben gibt es aber auch einige Verbesserungen der Arbeitsbedingungen: So werden etwa die Kosten für ökologische Mobilität mit ÖPNV oder Fahrrad übernommen und die finanzielle Absicherung zum Beispiel bei langer Krankheit oder in der Elternzeit verbessert. Außerdem wurde eine Jahressonderzahlung und die Lohnhöhe erstmals auch in dem Tarifvertrag festgeschrieben.
Bereits 2018 hatte die FAU einen ersten Tarifvertrag für den Betrieb abgeschlossen. Seit Ende 2019 war nun in der FAU-Betriebsgruppe immer wieder am Entwurf für eine neue Fassung gearbeitet worden, die Einbindung des Träger-Vorstands hatte sich jedoch aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der CoViD-19-Pandemie verzögert, weil persönliche Gespräche in dieser angespannten Lage schwierig gewesen wären. Daher konnte der Vorstand erst nach den Sommerferien seine ungeduldig erwartete Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des FAU-Vorschlags treffen. Der Prozess war nicht leicht, aber letztlich hat der Vorstand den Vorschlag der Betriebsgruppe in einem Mehrheitsbeschluss angenommen. Durch die kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Tarifvertrag konnten in den letzten Jahren zahlreiche Anregungen gesammelt werden, um seine Regelungen den Wünschen und der Praxis im Betrieb weiter anzupassen – und auch den Träger-Vorstand hierauf zu verpflichten. Der Druck aus der Betriebsgruppe hat nun dazu geführt, dass die kollektive Selbstorganisation der Freien Alternativschule durch den neuen Tarifvertrag noch besser abgesichert wird.
Es gibt ein Gegenmittel gegen professorale Willkür: Die Gewerkschaft!
Seit Februar 2020 führte unsere Betriebsgruppe an der Humboldt-Universität (HU) Berlin einen Konflikt gegen professorale Willkür, die Teil eines systematischen Problems ist. Erneut hatte eine (Geografie-)Professorin die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses zum Disziplinierungswerkzeug umfunktioniert: Ein Mitarbeiter wurde für seinen Einsatz im Wahlvorstand des studentischen Personalrats gemaßregelt. Solche Maßregelungen sind nicht nur Angriffe auf Einzelpersonen. Sie zielen auf alle Arbeiter*innen, die sich für ihre Interessen einsetzen!
Im Mai wurde deswegen eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht, die auch zu einer Korrektur des Zeugnisses führte. Die Rechtsabteilung der HU machte die Aufklärung des Falls selbst zu einer Farce, als sie lediglich das Referat für Personalabteilung und die Vorgesetzte an dessen Prüfung beteiligte - in der Beschwerde wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch den Personalrät*innen der HU mehrere ähnliche Fälle bekannt sind.
"Dass weder diese Gremien noch Kolleg*innen aus der Abteilung in ihr Verfahren miteingebunden wurden, spricht für sich", so Daniel Schmitz, Ansprechperson der Betriebsgruppe, "die Rechtsabteilung hat in ihrer Prüfung außerdem ein wichtiges Beweisstück übergangen." Doch entgegen der formalen Ablehnung der Beschwerde zeigte die anschließende Korrektur des Arbeitszeugnisses, dass dem Kollegen de facto Recht gegeben wurde.
Trotz der widrigen Umstände im Rahmen der ersten Corona-Welle, die Bürorundgänge und direkte Aktionen erwschwerte, kann unsere Betriebsgruppe an der HU somit einen Erfolg feiern.
"Weitere Kolleg*innen können sich in solchen Fällen gerne an uns wenden", so Schmitz, "denn es gibt ein Gegenmittel gegen professorale Willkür: Die Gewerkschaft!"
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Du wurdest auch mit einem schlechten Arbeitszeugnis gemaßregelt? Dann schreib uns faub-huberlin (at) fau.org. Gemeinsam können wir ein besseres erkämpfen!
Baking mad - unbezahlt beim Bahnhofsbäcker
Obwohl es ein offenes Geheimnis ist, dass Arbeitsbedingungen für Lohnarbeitende in der Regel nicht allzu rosig aussehen, könnte man annehmen, dass es einige rote Linien gibt, hinter die nicht mehr zurückgefallen wird. Schön wärs.
Diese Annahme erweist sich als falsch, schneller, als man “Aufbackbrötchen” sagen kann: Manche Unternehmen zahlen zum Beispiel einfach keinen Lohn – so geschehen bei der Bahnhofsbäckerei- und Snack-Kette CUCCIS.
Wie konnte es dazu kommen? Wurde darauf gehofft, dass den Angestellten die Lücke auf dem Konto nicht auffallen würde? Wurden die Löhne im stressigen Managements-Alltag einfach vergessen? Wer weiß. Einer der Angestellten (mittlerweile FAU-Mitglied) verfasste zur Sicherheit zahlreiche Erinnerungen in verschiedensten Ausformungen – verbal, per Brief, per Mail, per Sprachnachricht – ohne spürbaren Effekt. Die Bezahlung wurde aus nicht ersichtlichen Gründen wieder und wieder aufgeschoben – und dabei sprechen wir nicht von einigen Tagen, sondern von Wochen. Bevor er Mitglied der FAU wurde, wandte sich unser Mitglied in der Sache an das BEMA, das Berliner Beratungszentrum für Migration und Gute Arbeit, das eine Klage vor dem Arbeitsgericht empfahl und auch das entsprechende Formular zur Verfügung stellte. Zwei Wochen später sollte der Gerichtstermin stattfinden.
Unser Mitglied bereitete sich nun vor – genauer gesagt darauf, sich vor Gericht selbst zu vertreten - eine eher zähe Freizeitbeschäftigung, vor allem, wenn man ihr alleine nachgehen muss. Glücklicherweise blieb das nicht lange so: Ein Freund gab die Kontaktdaten der FAU weiter. Per Online-Meeting konnte der Termin schließlich gemeinsam vorbereitet werden.
Kurz vor knapp kam schließlich neue Bewegung in die Sache, als CUCCIS sich wenige Tage vor der Gerichtsverhandlung darauf besann, dass die Angestellten ja tatsächlich bezahlt werden müssen. Das Unternehmen beantragte die Rücknahme des Falls und zahlte seine Lohnschulden – nicht nur unserem Mitglied, sondern auch zahlreichen anderen Arbeiter*innen.
“Es ist kein Pappenstiel, so einen Prozess zu gewinnen; es ist aber auch nicht unmöglich”, so der Kommentar unseres Mitglieds, “ wenn du von deinem Chef Recht bekommen willst, musst du gut vorbereitet sein. Sammle alle wichtigen Dokumente zusammen, ordne sie und nimm sie als Beweise mit. Das gibt dir die nötige Souveränität, um so einen Fall zu gewinnen.” Sicherlich ist es unfair, dass Arbeiter*innen schlichtweg (unbezahlte) Extra-Arbeit machen müssen, um schlussendlich das zu bekommen, was ihnen ohnehin zusteht. Doch völlig umsonst ist es auch nicht: Einmal zusammengetragen, kann dieses Wissen sehr nützlich sein – nicht nur für den eigenen Job, sondern auch für die Kolleginnen. Aktuell beraten wir einen Arbeiter bei CUCCIS Tochterfirma scoom in einem ähnlichen Fall. Bleibt zu hoffen, dass CUCCIS und Co in Zukunft eher daran denken werden, ihre Arbeiter*innen zu bezahlen.
Schritt für Schritt: Auf dem Weg zu gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit (Teil 2)
Zwangsräumung der Kiezkneipe Syndikat verhindern!
- Lest den Aufruf zur Kampagne Syndikat bleibt!
- Kommt zur Demonstration "Räumungen – Abschiebungen – Faschisierung – Raus aus der Defensive" am 01.08.2020 um 20 Uhr am Herrfurthplatz!
- Unterstützt weitere Proteste gegen die Zwangsräumung!
Nicht profitorientierte Angebote werden gerade im Neuköllner Schillerkiez immer rarer. Die FAU unterstützt zudem Formen kollektiven, selbstverwalteten Wirtschaftens. Im Syndikat wird dies schon seit über 30 Jahren erprobt. Deshalb: Das Syndikat muss bleiben!
Rumänische Spargelstecher im Streik
Schritt für Schritt auf dem Weg zu gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit
Das Problem ist schnell erörtert: Im öffentlichen Dienst in Bibliotheken und Hochschulen werden die Arbeitsbedingungen nach dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) geregelt. Auch Studierende, die Tätigkeiten ausführen, die mehrheitlich keine Hilfstätigkeiten und nicht-wissenschaftlich sind, müssen nach TV-L bezahlt werden. Allerdings war und ist es vielerorts gängige Praxis, Studierende ausschließlich aufgrund ihres Studierendenstatus geringer zu bezahlen und dauerhaft zu befristen.
Same story, different placeDie FAU Jena führte mit mehreren Nadelstichen die Umstellung aller falsch eingruppierten Arbeitsverträge im Jahr 2018 herbei, parallel hierzu klagte eine Angestellte der Humbold-Universität (HU) Berlin mithilfe der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) - auch sie war fälschlicherweise als Studentische Hilfskraft (SHK) im Computer- und Medienservice (CMS) angestellt worden. Nach dem erstinstanzlichen Urteil 2017 erlitt die HU vor genau zwei Jahren, am 05. Juni 2018, eine erhebliche Niederlage vor dem Landesarbeitsgericht Berlin: Die klagende beschäftigte Studierende sei rechtskonform zu entfristen und im TV-L für ca. 16 Euro/Std. zu beschäftigen, so das Urteil.
In großer Detailgenauigkeit buchstabierte das Gericht die tieferliegenden Gründe aus. Es stellte fest, dass eine Befristung weder nach Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) noch nach Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) anwendbar war. Zentral ist hierbei die Definition "wissenschaftlicher bzw. künstlerischer Hilfstätigkeiten", die im Urteil ausgeführt wird:
"Eine Befristung nach § 6 WissZeitVG setzt [...] voraus, dass der Arbeitsvertrag die Erbringung wissenschaftlicher bzw. künstlerischer Hilfstätigkeiten zum Gegenstand hat. [...] Dies ist der Fall, wenn die wissenschaftliche Arbeit eines an einer deutschen Hochschule tätigen Wissenschaftlers unmittelbar unterstützt wird. [...] Als wissenschaftliche Dienstleistung kommt darüber hinaus die Mitarbeit bei allen den Professoren obliegenden Dienstaufgaben in Betracht, etwa bei Unterrichtstätigkeiten, bei Prüfungen oder bei der Zusammenstellung wissenschaftlicher Materialien [...] Abzugrenzen davon sind die technischen bzw. verwaltungsmäßigen Tätigkeiten wie die Erledigung von Aufgaben im Sekretariat oder in der Bibliothek [...] Mit einer solchen Unterscheidung wird auch für den Bereich der wissenschaftlichen Hilfstätigkeiten dem Gedanken des WissZeitVG Rechnung getragen, dass sich eine auf dieses Gesetz gestützte sachgrundlose Befristung aus der Qualifikationsmöglichkeit des Mitarbeiters rechtfertigt, also auch aus der Qualifikationsmöglichkeit des studentischen Mitarbeiters. Dabei reicht allein die Nutzung der Kenntnisse und Fähigkeiten eines Hochschulstudiums für eine Tätigkeit nicht aus, um diese zu einer wissenschaftlichen Dienstleistung zu machen [...]"
Das Gericht zieht dabei die Beschreibung des Projektes, den Charakter und Zweck der Tätigkeiten sowie die Zuordnung zur Einrichtung heran und kommt zu dem Ergebnis, dass die Arbeit nicht als wissenschaftliche oder künstlerische Hilfstätigkeit eingeordnet werden kann. In der Begründung geht das Gericht sogar noch einen Schritt weiter und präventiv auf Versuche ein, durch neue Begriffe die Anwendbarkeit der Ausnahme vom TV-L und der Befristung nach WissZeitVG zu erweitern (im Falle der HU beispielsweise durch "SHK-Beschäftigung in wissenschaftsunterstützenden Bereichen"):
"Die Tätigkeit der Klägerin hatte keinen Bezug zu dem Prozess, Erkenntnisse mit den Methoden der Wissenschaft zu gewinnen oder sie zur Vermittlung in eine bestimmte inhaltliche Form zu bringen. [...] Es fehlt der Klägerin an der Nähe zu wissenschaftlichen Tätigkeiten. Anderenfalls wäre jede studentische Hilfstätigkeit im Bereich der Universität eine wissenschaftliche Hilfstätigkeit, weil sie stets in gewisser Weise dem Hochschulbetrieb und damit auch den Dozenten und Studierenden zugutekommt. Dem entspricht es aber nicht, dass § 6 WissZeitVG für die Befristungsmöglichkeit nicht allein auf den Status des Studenten abstellt, sondern weiterhin die Erbringung wissenschaftlicher Hilfstätigkeiten fordert."
Das Urteil bestätigt auch die Nicht-Anwendbarkeit des §14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG, der ausführt, dass eine Befristung allein deswegen gerechtfertigt sei, weil es im Falle von Studierenden einen "in der Person [...] liegenden Grund" gebe:
"Die streitgegenständliche Befristung ist auch nicht aus in der Person der Klägerin liegenden Gründen gerechtfertigt (§ 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG), weil diese Studentin ist. Allein der Status der Klägerin stellt keinen sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses dar [...] Anderenfalls hätte es der gesetzlichen Regelung in § 6 WissZeitVG gar nicht bedurft, da die Befristung von Studierenden dann jedenfalls auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz hätten gestützt werden können. [...]"
Schließlich bedeutet die Einordnung außerhalb wissenschaftlicher beziehungsweise künstlerischer Hilfstätigkeiten nicht nur, dass die besonders prekären Befristungsregelungen im WissZeitVG und TzBfG nicht angewendet werden dürfen. Die Einordnung bedeutet auch, dass die Ausnahmeregelung vom Tarifvertrag der Länder (TV-L) nicht greift.
"Für die Bestimmung der der Klägerin übertragenen Tätigkeit konnte nicht allein auf die Bezeichnung der Beschäftigung im Arbeitsvertrag als „studentische Hilfskraft“ abgestellt werden. Diese Bezeichnung dient in erster Linie dem Verweis auf § 121 BerlHG, entspricht aber – wie oben ausgeführt – inhaltlich nicht den in § 121 Abs. 2 BerHG aufgeführten Tätigkeiten, mit denen die studentische Hilfskraft im Sinne des Berliner Hochschulgesetzes bestimmt wird."
Stattdessen wurde eine Überführung in den öffentlichen Tarifvertrag und eine Entlohnung von ca. 16€/Stunde festgestellt. Was hier ausführlich für eine Klage erfasst wurde, betraf allein an der HU Berlin mehrere hundert Stellen. In den Universitätsbibliotheken sparte die HU damit jährlich rund eine halbe Millionen Euro auf Kosten der Lohnabhängigen ein.
Allein an der HU: eine halbe Million Euro pro Jahr auf Kosten der Bibliotheksangestellten gespart!
In der Folge entbrannte in Berlin und Brandenburg ein Konflikt, in dem die Hochschulen die Verträge von betroffenen beschäftigten Studierenden nicht in den TV-L überführten und stattdessen massenweise ausliefen ließen.
Die HU sah diese Entwicklungen sogar als Einladung, das Outsourcing in den Bibliotheken voranzutreiben. Statt die Angestellten umzugruppieren und zu entfristen, beauftragte sie einen externen Dienstleister, der noch niedrigere Löhne zahlte als die HU ihren ehemaligen SHKs.
Diverse Akteur*innen, wie aktive Personalrät*innen, unsere Betriebsgruppe an der HU Berlin und die Initiative TVLfürStudis kämpfen seitdem für ein Ende des Lohndumpings und die faire Bezahlung der Angestellten. Die Folgen dieser Aktivitäten sind nicht zu unterschätzen: Nicht nur betreffen sie pro Hochschule mehrere hundert Stellen - sie beeinflussen auch die Arbeitsbedingungen an außeruniversitären Forschungsinstituten, die sich an den Tarifen des öffentlichen Dienstes orientieren. Die Aktivitäten von unten führen endlich zu einer langsamen Orientierung an den tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten: Viele SHKs nehmen es nicht länger hin, nur aufgrund ihres Status unterbezahlt und befristet zu werden, sondern fordern - notfalls gerichtlich - gleichen Lohn für gleiche Arbeit ein.
Das zeigt bereits Wirkung: Einige Arbeitgeber*innen unterscheiden mittlerweile zwischen studentischen Hilfskräften (die nach dem Tarifvertrag der studentischen Beschäftigten - TV Stud - bezahlt werden) und studentischen Mitarbeiter*innen - also Studierenden, die nach TV-L/TV-ÖD angestellt werden.
Es bleibt viel zu tun
Allerdings bleibt viel zu tun, da Hochschulen wie die HU Berlin Kolleg*innen inzwischen zwar in den TV-L überführen, diese dort jedoch immer noch falsch eingruppieren und somit zu niedrig bezahlen. Die FAU-Betriebsgruppen an der HU Berlin und der Universität Potsdam betreuen daher aktuell mehrere Klagen, in denen die Eingruppierung überprüft wird. Sollten sie erfolgreich sein, könnte das den Stein auch für andere Beschäftigte wieder ins Rollen bringen.
Nächster Schritt gegen Disziplinierung per Arbeitszeugnis an der HU
Bereits seit 2004 können Arbeitszeugnisse an der Humboldt-Universität von Professor*innen und weiteren Personen in leitenden Funktionen ausgestellt werden. Ohne entsprechende Schulungen sind diese allerdings häufig nicht qualifiziert, um formal richtige Arbeitszeugnisse zu schreiben. Diese dezentrale Struktur ohne kollektive Kontrollmöglichkeiten setzt Mitarbeiter*innen der willkürlichen Maßregelung ihrer direkten Vorgesetzten aus und verstärkt dadurch die ohnehin mehrfachen Abhängigkeiten in der Wissenschaft. In einem der aktuellen Fälle führte dies dazu, dass ein Arbeitszeugnis aufgrund von gewerkschaftlichem Engagement mit schlechten Bewertungen ausgestellt wurde. Profs wirken dadurch massiv negativ auf die berufliche Zukunft ihrer Beschäftigten ein, was nicht selten zur wissenschaftlichen Disqualifikation und Schädigung führt.
Ein erster Zwischenerfolg
In der Abteilung der Kultur- und Sozialgeographie erkämpfte unsere Betriebsgruppe bereits eine Verbesserung eines Arbeitszeugnisses, doch es enthält immer noch ungerechtfertigte, nicht zu tolerierende Formulierungen, die der Zukunft des Kollegen schaden.
Die Maßregelung durch schlechte Arbeitszeugnisse ist in dieser Abteilung kein Einzelfall. Der aktuelle Konflikt ist allerdings besonders brisant, denn unser Genosse erhielt sein schlechtes Arbeitszeugnis nach seinem Engagement im Wahlvorstand des Personalrats der studentischen Beschäftigten (PRstudB-HU). Der Kollege wird scheinbar für die Durchführung von betrieblichen Wahlen - einem zulässigen Einsatz für die Wahrnehmung von Grundrechten - abgestraft. Solche Maßregelungen sind keine Angriffe auf Einzelpersonen; sie zielen auf alle Arbeiter*innen, die ihre Interessen selbst vertreten wollen und verletzen wichtige Schutzrechte (nach § 107 BPersVG sowie § 612a BGB).
Solche Maßregelungen sind keine Angriffe auf Einzelpersonen; sie zielen auf alle Arbeiter*innen
Die HU-Leitung hat nun bis zum 12.06.2020 Zeit, um auf die Dienstaufsichtsbeschwerde zu reagieren und dem geltend gemachten Anspruch auf ein wahrheitsgemäßes Zeugnis zu entsprechen.
"Es ist wahr, dass im Wissenschaftskontext mehrfache Abhängigkeiten bestehen und dass die Vorgesetzten häufig neben befristeten Arbeitsverträgen auch die Bewertung der Abschlussarbeit oder die Ausstellung von Arbeitszeugnissen nutzen, um das weitere Berufsleben engagierter Lohnabhängiger zu schädigen", so unser Kollege, "doch wir sollten uns von dieser Tatsache nicht einschüchtern lassen. Wir können und müssen uns wehren, auch damit sich unsere Kolleg*innen weiterhin trauen, am Arbeitsplatz gewerkschaftlich aktiv zu werden. Für die eigene Würde und die Rechte aller prekären Uni-Arbeiter*innen."
Hochschule? Selbstverwaltet!
1. Corona-Mai: Vereint gegen Vereinzelung!
Wohl kaum jemand hätte sich vor zwei Monaten träumen lassen, dass Debatten über kontaminierte Plastiktüten bei der Essensbestellung oder die Gesundheitsrisiken eines Friseurbesuchs einmal solche Aufmerksamkeit erregen würden, wie es gerade der Fall ist. Doch die Zeiten haben sich, wie wir alle wissen, geändert. Während sich der Klimawandel gerade durch besonders warmes und sonniges Wetter bemerkbar macht, versuchen wir, uns an das Tragen von Atemschutzmasken zu gewöhnen oder verabreden uns zum virtuellen Kneipenabend auf Mumble, Jitsi oder BigBlueButton – und während Arbeitsrealitäten zuhauf auf den Kopf gestellt werden, fällt der 1.Mai aus – zumindest so, wie wir ihn kennen.
Unser Gewerkschaftslokal in der Grüntaler Straße liegt ebenso verlassen da wie alles andere, was in den letzten Wochen nicht Supermarkt, Apotheke oder Drogerie gewesen ist. Wenn das jedoch bedeuten würde, dass wir uns nicht nur physisch, sondern auch sonst vom Tagesgeschehen distanzieren dann, ja dann hätten wir ein großes Problem.
Denn nicht nur das Virus verbreitet sich rasend schnell, auch Verletzungen der Arbeitsrechte finden gerade in besonderem Ausmaß statt. Betroffen sind vor allem prekäre Arbeiter*innen, zum Beispiel in der Gastronomie, in der freiberuflichen Bildung, in der Lieferbranche oder in Pflegebetrieben. Unrechtmäßige Entlassungen und Lohnprellerei auf der einen, mangelhafte Arbeitssicherheit und Workload-Explosionen auf der anderen Seite – Ausbeutungsdynamiken werden zurzeit besonders sichtbar; der Staat zeigt seinen Klassencharakter: Er bietet Wirtschaftshilfe für private Unternehmen zu günstigen Konditionen an, statt Menschen direkt und bedingungslos zu unterstützen. Es gab bereits genug Reflexionen über Sinn und vor allem Unsinn von Klatsch-Ritualen zugunsten der systematisch relevant unterbezahlten Pflegekräfte.
Schon zu Beginn des Shutdowns wurde es kafkaesk: In der Bibliothek der Humboldt-Universität, dem Grimm-Zentrum, mussten Beschäftigte auch dann noch zur Arbeit erscheinen, als systemrelevant nach “Corona” bereits das meistgenutzte Wort unseres neuen Alltags war. Es gäbe nichts zu tun? Moment: Wer sonst Bücher zurücksortiert, kann doch jetzt nach kaputten Stühlen suchen – und dafür auf den Wegen von und zur Arbeit die Gesundheit von sich und anderen gefährden. Dieser Spuk fand zum Glück ein schnelles Ende und es kann von Glück gesagt werden, dass sich beim Stühlerücken niemand infiziert zu haben scheint.
Wir alle genießen zudem derzeit mehr als je zuvor den Luxus, beinahe alles, was wir nun nicht mehr selbst in Läden und Restaurants erjagen können, vor unsere Wohnungstür zu bestellen – das funktioniert natürlich nicht ohne Leute, die diese Lieferungen auch zustellen. Dass Arbeitsbedingungen in der Branche nicht immer rosig sind, ist schon lange kein Geheimis mehr. Die Corona-Krise setzt nun noch eins drauf. Beispiel Essenslieferung: Wer als sogenannter Rider per Fahrrad Mahlzeiten von A nach B bringt, hatte es im berliner Straßenverkehr ohnehin nie leicht. Jetzt gibt es den Verkehr und SARS-CoV 2. Die Pandemie treibt Risiken auf ein neues Level – von den Löhnen kann man das in der Regel nicht behaupten. Und gerade in der Gig-Economy haben die Rider wenig Möglichkeiten, sich über genau solche Dinge auszutauschen. Obwohl es auf den Straßen so viele von ihnen gibt, kennen sie sich nicht unbedingt persönlich.
M. und A. bilden hier eine Ausnahme. Sie beide sind Rider, kennen sich - und tauschen sich aus. „Wir haben keine Fabrik oder Büros, wo wir uns in den Pausen oder nach Feierabend über den Weg laufen.“ Gerade in Anbetracht des gestiegenen Arbeitsrisikos sei ein Austausch aber besonders wichtig, die Hygienesituation bedenklich. Auf die Toilette gingen sie bei den Restaurants, bei denen sie die Bestellungen abholen. „Jetzt haben die Restaurants geschlossen und wir müssen hoffen, dass sie uns im reinlassen. Eigentlich sind sie dazu verpflichtet, man kann Lokale auch melden, wenn sie das verweigern, doch das ändert in der Regel nichts. Sie werden dann an etwas erinnert, was sie sowieso schon wissen. Ihre Zusammenarbeit mit dem Lieferunternehmen wird dadurch nicht beeinträchtigt.“ Streckenweise sollen wohl Gutscheine für Desinfektionsmittel bereitgestellt werden. „Aber diese Tatsache kann das Problem, dass es keine guten Arbeitsbedingungen für uns gibt, auch nicht lösen.“
Das öffentliche Leben entlang der Fahrradstrecken ist geprägt von Einschränkungen, um deren Lockerung derzeit heftig debattiert wird. So oder so ist jedoch klar, dass bestimmte Restriktionen noch lange bestehen bleiben werden - und nicht nur das: Aus dem aktuellen pandemischen Schwebezustand können permanente grundlegende Veränderungen unserer Lebens- und Arbeitsrealitäten hervorgehen.
Die Auswirkungen der Pandemie sind hierbei keine einfache statistische Tatsache, sondern sozialer Natur: Chancen und Risiken sind in dieser Gesellschaft strukturell ungleich verteilt – das gilt auch im Bezug auf Krankheiten. Die Qualität der unterfinanzierten öffentlichen Gesundheitsinfrastruktur bestimmt die Sterblichkeitsraten mit.
Menschen in prekären Lebens- und Arbeitssituationen, Pflegekräfte in prekären Sektoren und vor allem Menschen ohne formalen Zugang zu Gesundheitsdiensten sind tendenziell stärker von der Pandemie und ihren weitreichenden Folgen betroffen.
Manche Personengruppen verschwinden derweil sogar fast vollständig aus dem öffentlichen Bewusstsein: Die Migrant*innen an der türkisch-griechischen Grenze kämpfen hinter der aktuellen Corona-Berichterstattung einen viel zu einsamen Kampf.
Gewerkschaftliche Aktivität hat in Anbetracht der aktuellen Lage einen besonderen Stellenwert. Kommende Arbeitskonflikte und -kämpfe können den gesellschaftlichen Diskurs mitbestimmen – und gewerkschaftliche Arbeit geht über arbeitsrechtliche Beratung weit hinaus. Wir müssen den Klassencharakter des aktuellen Krisenmanagements hervorheben.
A. und M. versuchen derzeit, Kontakt zu ihren Kolleg*innen herzustellen, um sich zu Unterstützen und ins Gespräch über ihre Arbeitsbedingungen zu kommen. „Vereinzelung ist ein großes Problem, sie lässt uns glauben, dass wir alle für uns alleine arbeiten und kämpfen – doch das ist Quatsch. Wir müssen nur zueinander finden.“
In diesem Sinne: Verbreiten wir Solidarität, anstatt die Prekarität zu verstärken!
#jetzterstrecht
Im Aufruf des Bündnisses werden akute Forderungen an politische Entscheidungsträger*innen auf allen Ebenen zu den Themen Gesundheit, wirtschaftlicher Absicherung, Wohnen, Schutz für Geflüchtete, Arbeit und Sicherheit gestellt.
Alle Unterzeichnenden sind sich einig, dass wir unsere Belange zusätzlich auch selbst in die Hand nehmen müssen, damit sich etwas ändert. Deshalb wurden aus dem reichen Erfahrungsschatz der Unterzeichnenden auch einige Ideen gesammelt, wie wir in Zeiten von Corona Solidarität üben können. Dazu gehört auch, als Lohnabhängige zusammenzuhalten, damit wir unseren Chef*innen nicht allein gegenüber stehen.
Organisiert euch, werdet Mitglied bei der FAU Berlin! Gemeinsam sind wir stark!
Kurierfahrer in Berlin: Rider aus Leidenschaft
Corona-Shutdown: Linke Lichtblicke
Student fordert Tarif-Job: Einigungsversuch am Amtsgericht Potsdam scheitert
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Selbstorganisierte Fahrradkuriere: Durch Berlin strampeln für das Kollektiv
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Präsenznotbetrieb: an Berlin's Hochschulen keine Neuigkeit
Klassenkampf in Zeiten von Corona
Forderungen an die Universitäten
Um die Verbreitung des Corona-Virus (SARS-CoV-2) zu verlangsamen und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, wurden auch an den Universitäten weitreichende Maßnahmen beschlossen: Der Semesterstart wurde verschoben, Bibliotheken, Computerpools und Mensen geschlossen. Unklar ist, wie lange dieser Zustand anhalten wird und welche Folgen daraus für die Betroffenen entstehen.
Um die Verbreitung des Corona-Virus (SARS-CoV-2) zu verlangsamen und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, wurden auch an den Universitäten weitreichende Maßnahmen beschlossen: Der Semesterstart wurde verschoben, Bibliotheken, Computerpools und Mensen geschlossen. Unklar ist, wie lange dieser Zustand anhalten wird und welche Folgen daraus für die Betroffenen entstehen.
Sollten diese Einschnitte länger anhalten, sehen unsere Betriebsgruppen der Stadtsektion Potsdam und der Humboldtuniversität zu Berlin die Präsidien der Universitäten in der Verantwortung. Es muss sichergestelt werden, dass daraus keine Nachteile für Universitätsmitglieder und externe Beschäftigte entstehen. Aktuell können sich nicht alle Angehörigen der Universität im Fall von Krankheit oder Quarantäne darauf verlassen, dass ihnen auch in diesen Zeiten der Lohn ausgezahlt wird. Wir solidarisieren uns mit den Genoss*innen der Hochschulgewerkschaft unter_bau, deren Forderungen wir voll unterstützen.
7.) Studierende: Aussetzung von Prüfungsfristen, Anpassung der Bafög-Anforderungen!
Der Zugang zu Lernmaterialien und Lernorten ist derzeit nicht oder nur eingeschränkt möglich. Die Schließung von Schulen macht zudem die Durchführung der Praxissemester im Lehramt unmöglich.
→ Wir fordern daher, dass die Prüfungsfristen ausgesetzt und die Bafög-Anforderungen angepasst werden. Falls sich durch den Ausfall oder die Verschiebung einer Prüfung die Studienzeit verlängert, muss die Regelstudienzeit in diesen Fällen um ein Semester verlängert werden. Gemeinsam mit der Landesregierung müssen zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden, um entfallene Praxissemester nachzuholen.
Stühlerücken in Zeiten von Corona - zur Gefährdung von Beschäftigten der HU Bibliotheken
Erst am kommenden Freitagabend (20.03.) wird die Universität die Tore zur Bibliothek schließen. Geschlossen war das Jakob-und-Wilhelm-Grimm Zentrum zwar seit dem 14.03 – jedoch nur für den Publikumsverkehr. Beschäftigte hatten den Dienst weiterhin anzutreten. Abseits dieser Schließung für die Öffentlichkeit verläuft der interne Betrieb bis morgen ungehindert weiter. Das beinhaltet die Anfahrt der Beschäftigen im beschränkten ÖPNV, dem Arbeiten in einem recht umfangreichen Kollegium - all das widerspricht den mittlerweile mantraartig wiederholten Hinweisen, soziale Kontakte und das Verlassen des Hauses so stark
wie möglich einzuschränken. Als die Humboldt-Universität unter Leitung von Sabine Kunst und das dazugehörige Jacob- und-Wilhelm-Grimm Zentrum unter Andreas Degkwitz ihre Pforten am 14.03. für den öffentlichen Verkehr schlossen, folgten sie der Verordnung des Berliner Senats (Teil 3 §11). Am Montag (16.03.) ließ der regierende Bürgermeister Michael Müller, verlauten, Berlin schließe "alle nicht zwingend notwendigen Einrichtungen des täglichen und kulturellen Lebens". In der Interpretation der HU über diese beiden gesundheitspolitischen Verlautbarungen blieben die Beschäftigten der Kultureinrichtung Grimm Zentrum ausgeschlossen. Für sie ging die Arbeit entgegen aller Empfehlungen weiter - mit weitreichenden Folgen.
Bibliotheksleitung ignoriert Bedenken der Beschäftigten
Bereits zu Beginn der Woche (16.03.) traten Mitarbeiter*innen der Bibliothek an Vorgesetzte und Verwaltung heran, um herauszufinden, wie in diesem Ausnahmefall beispielsweise mit Krankschreibungen verfahren wird. Bereits Anfang der Woche forderte der Kassenärztliche Bundesverband Arbeitgeber*innen dazu auf, für das Erhalten der Krankmeldung gegebenenfalls längere Fristen zu genehmigen, da die Krankschreibung nun auch telefonisch möglich ist. Schon hier zeigte sich die Verwaltung uneinsichtig: Die Frist verblieb bei 3 Tagen. Auch Forderungen nach Einstellung des Betriebes, die der ohnehin absehbaren angeordneten Schließung lediglich eine Woche zuvor gekommen wären, wurden abgelehnt, E-Mails dazu ignoriert. Stattdessen gaben die Vorgesetzten neue Arbeitsanweisungen.
Darauf basierend könnte nun wohl davon ausgegangen werden, dass die
Bibliotheksbelegschaft für die öffentliche Infrastruktur dringend nötige Aufgaben zuerledigen hatte. Doch das Gegenteil ist der Fall: Nach mehrfachen Aufforderungen der Belegschaft, die Aufrechterhaltung des Betriebes zu überdenken, erging am Dienstag (18.03.) die Arbeitsanweisung, reparaturbedürftige Stühle im Haus zu suchen und zu sammeln. Eine "kritische" oder "systemrelevante" Tätigkeit sieht anders aus (ganz abgesehen davon, dass
diese Tätigkeit zwar angewiesen werden kann, aber in keinem Fall den Tätigkeitbeschreibungen der Belegschaft entspricht). Diese Arbeitsbeschaffungsmaßnahme wäre vielleicht einfach ein absurdes Kuriosum, wenn an ihr nicht die mögliche Weiterverbreitung des Covid-19 Virus hinge: Mit den Wegen der Beschäftigten durch die Öffentlichkeit und im begrenzten Raum der Bahnen und Bussen mehrt sich die Gefahr, sich Corona einzufangen und/oder das Virus weiterzuverbreiten. Konkret bedeutet dies: Stühle rücken – im Zweifelsfall auch auf Kosten von Menschenleben!
Das sture Beibehalten der betrieblichen Abläufe führt neben einer unnötigen Steigerung des Infektionsriskos auch dazu, dass Beschäftigte vor dem regulären Ende ihrer Arbeitszeit nach Hause gehen müssen, da schlichtweg nicht genug Aufgaben zu erledigen sind. Selbst unter Absehung von humanitärer Fahrlässigkeit bedeutet das für das Kollegium somit nicht nur den sinnlosen Antritt der Arbeit, sondern auch noch das Entstehen von Minusstunden, die in der regulären Arbeitszeit nachzuarbeiten sein werden. Dabei ist das irrationale Verharren der HU im Angesicht der Krise keinesfalls alternativlos: Andere öffentliche Stellen haben längst die Initiative ergriffen und sind der ohnehin absehbaren Einstellung des Betriebes durch Anordnungen der Politik zuvorgekommen (so zum Beispiel die ZLB Berlin). Universitäts- und Bibliotheksleitung scheinen dies hingegen auszusitzen. Sie arbeiten gegen das Virus nur an, wo es auf Regierungsebene bereits festgeschrieben ist. Damit gefährden sie aktiv die Gesundheit ihrer Belegschaft und der Menschen auf dem Weg vom und zum Arbeitsplatz.
Systematische Benachteiligung
Unverantwortlich verhält sich die HU nicht erst seit der Pandemie: In der Krise wiederholt sich der Alltag, in dem die Universitäts- und Bibliotheksleitung notwendige Maßnahmen auf- und die damit zusammenhängende Verantwortung abschieben. Innerhalb der Belegschaft gibt es bereits seit Längerem Forderungen nach besserem Arbeits- und Gesundheitsschutz
(Schutzkleidung gegen Schimmel und Staub hätte sich im Zuge des Virus nun sogar als doppelt sinnvoll herausgestellt), anderen Arbeitszeitregelungen und zu anderen Themen, wie bspw. der Umstellung der nicht-wissenschaftlichen Tätigkeiten von TVstud in den TV-L sowie deren angemessene Eingruppierung.
In Zeiten von Covid-19 auf den Arbeitsantritt zu beharren erscheint angesichts der zu verrichtenden Arbeiten und der momentanen Beschäftigungstherapie (wie man die aktuellen Arbeitsanweisungen wohl nennen kann) für die Belegschaft grotesk. Viel zu spät, erst Freitag nach Dienstschluss, kommt die Universität ihrer Verantwortungspflicht nach und schließt bis auf wenige Kernaufgaben vollständig. Endlich! Doch muss die Universität für ihr spätes Handeln nichtsdestotrotz gerügt werden! Der autoritäre und verantwortungslose Umgang mit der Belegschaft muss Konsequenzen haben!
Mittlerweile wurden deswegen mit Dringlichkeit alle Personalräte der Humboldt-Universität (Gesamtpersonalrat, Personalrat des Hochschulbereiches, Personalrat der studentischen Beschäftigten) sowie die Stelle für Arbeits- und Gesundheitsschutz und der Direktor der Zentralbibliothek von der Belegschaft direkt kontaktiert – Antworten stehen zur Zeit noch aus. Folglich bleibt nur, die Aufmerksamkeit und den Druck zu erhöhen,uns endlich Gehör zu verschaffen. Deshalb wenden wir uns an die Öffentlichkeit, deshalb wenden wir uns an Euch.
Beschwerden an: info@ub.hu-berlin.de, andreas.degkwitz@hu-berlin.de sowie
praesidentin@hu-berlin.de
Vorlage Beschwerdebrief
Corona-Krise: Arbeitsrechtliches-FAQ
Zum FAQ geht es hier.
Kommt zum FAU-Block auf den Frauen*kampftagsdemos am 7. und 8. März 2020 und lasst uns zusammen Patriarchat und Kapitalismus den Mittelfinger zeigen!
Feminismus braucht Klassenkampf braucht Feminismus
Am 7. März in Potsdam, Treffen: 13.30 Uhr, Potsdam Hbf
Am 8. März auf der All-Gender Frauen*kampftags-Demo in Berlin, Treffen: 14 Uhr, U-Bhf Leopoldplatz
Und am 8. März auf der internationalistischen FLINT-Demo in Berlin, Treffen: 15 Uhr, S/U-Bhf Warschauer Straße
Es ist kein Zufall, dass im kapitalistischen System materielle Ungerechtigkeit und kulturelle Unterdrückungsstrukturen zusammenfallen. Es ist auch kein Zufall, dass sich Menschen, die von sexistischer, rassistischer oder anderweitiger Diskriminierung betroffen sind, überdurchschnittlich oft in Armut und unsicheren Arbeitsverhältnissen wiederfinden.
Wer mit kulturell bedingter und institutionell verankerter Nicht-Anerkennung lebt, wird leichter in Ausbeutungsverhältnisse mit niedrigen Löhnen und arbeiter*innenfeindlichen Bedingungen gedrängt.
In der kapitalistischen Logik dient die allgegenwärtige Diskriminierung dieser ausgebeuteten Gruppen dazu, den Widerspruch zwischen einem „Wohlfahrtsversprechen“ und gleichzeitig bestehender Ungerechtigkeit zu rechtfertigen und zu mystifizieren. Wenn Frauen*, People* of Color, Trans*- und Inter*Personen, Menschen ohne deutschen Pass und Menschen in materiell armen Lebensverhältnissen verunglimpft oder gänzlich aus dem öffentlichen Bewusstsein gedrängt werden, dient das der Stabilität eines Systems, das grundsätzlich auf Ausbeutung und Herrschaft basiert – denn diese Diskriminierungsstrukturen verhindern schlussendlich eine übergreifende Solidarisierung von Arbeiter*innen gegen das kapitalistische Regime.
Es gibt keinen Kapitalismus, der materielle Ungerechtigkeit nicht mit Diskriminierung verknüpft, sei es aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe, Religion, Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsstatus, sexueller Orientierung, Behinderung, Strafverfolgung oder oder oder.
Deshalb kann es keinen Klassenkampf geben, der sich nicht gleichzeitig auch gegen sexistische, rassistische und jedwede Diskriminierung wendet! Deshalb gehen wir am 8. März auf die Straße! Für einen feministischen, anti-rassistischen Klassenkampf! Für einen anti-kapitalistischen Feminismus!
Walk on! Another world is possible!
"Sich gerade dort organisieren, wo die Gefahr der Vereinzelung besteht"
Der Arbeitskonflikt um die Massenentlassungen von Deliveroo hat ein Ende gefunden: Nachdem im Oktober vergangenen Jahres bereits drei Rider im Zuge von Güteverhandlungen eine deutlich höhere Abfindung als die zuvor angedachten und wenige hundert Euro schwachen „good will payments“ erwirken konnten, hat nun auch der vierte Rider eine Vergleichszahlung erhalten. Er hatte das erste und auch das darauffolgende Angebot des Lieferdienstes abgelehnt. Bei der nun erfolgten Zahlung handelt es sich um einen nochmals deutlich höheren Betrag: Deliveroo zahlte am Ende 8000 Euro.
Nach dem Rückzug des Lieferdienstes Deliveroo aus Deutschland im August vergangenen Jahres standen plötzlich zahlreiche Fahrer nicht nur ohne Job, sondern auch ohne angemessene Abfindung da. Grundlage der darauf folgenden Güteverhandlungen war nun der Streit um die Anerkennung der Rider als regulär Beschäftigte – von Seiten des Online-Lieferdienstes waren die Rider Selbstständige, denen bei Massenentlassungen keine Abfindung zusteht – und daher rührte auch der selbst zugeschriebene „good will“ in den äußerst niedrigen „good will payments“, die den Ridern unter dieser Prämisse zunächst angeboten worden waren.
Der Konflikt um Deliveroo ist ein Paradebeispiel für die Aufweichung von Arbeitsbedingungen in der sogenannten „Gig-Economy“ - er zeigt aber auch, dass es sich lohnt, gegen Selbige vorzugehen. „Wenn Betroffene sich wehren, kann das Signalwirkung haben, sowohl auf andere Angestellte als auch auf die Unternehmen – auch und vor allem in Zusammenhängen, in denen sich das Unternehmen lediglich als Arbeitsvermittler betrachtet und sich auf diese Weise seinen Verpflichtungen zu entziehen versucht“, so Johnny Hellqvist von der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union Berlin (FAU Berlin), „es ist wichtig, sich gerade dort zu organisieren, wo aufgrund ortsungebundener Tätigkeiten wie der Essenslieferung die Gefahr der Vereinzelung besteht.“
Die FAU Berlin wird in Kürze eine Zusammenfassung der Ereignisse sowie eine detaillierte Auswertung zum Abschluss der Kampagne veröffentlichen.
#HUgegenAlle: Schlecht für Studierende, schlecht für Beschäftigte
Die HU Berlin steht nicht nur mit Lohnabhängigen, sondern auch mit Studierenden im offenen Konflikt. In beiden zusammengehörenden Konfliktfeldern zeigt sich der gegenwärtige autoritäre Umbau der HU.
... schlecht für Studierende
Der Konflikt mit der Studierendenschaft spitzte sich 2018 zu, als die HU den Refrat, das zweithöchste Organ der verfassten Studierendenschaft an der HU, nach einer Anfrage der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus (und schließlich auf Anweisung des SPD-Wissenschaftssenats) auf Herausgabe einer Namensliste aller Referent*innen verklagte.
Die Verletzung der HU-Satzung durch das Übergehen studentischer Statusgruppenvetos sowie das Einschränken der Öffentlichkeit bei hochschuldemokratischen Prozessen waren weitere Schritte, mit denen die HU die Mitbestimmung der Studierendenschaft angriff. Seit dem 16.01.2019 fordert das Studierendenparlament der HU bereits den Rücktritt von Präsidentin Kunst und Vizepräsident Kronthaler.
Das Verhältnis zur HU-Leitung verschlechterte sich seitdem weiter – zum Einen aufgrund der fehlenden Distanzierung der HU-Leitung angesichts verbaler Angriffe des Professors Jörg Baberowski gegen studentische Vertreter*innen sowie wegen eines Polizeieinsatzes zum Abbruch einer studentischen Vollversammlung im Rahmen einer Besetzung im Oktober. Im November 2019 wurde die Rücktrittsforderung von der studentischen Vollversammlung bekräftigt, als studentische Vertreter*innen einen Abwahlantrag im Konzil der HU einbrachten.
Als Betriebsgruppe möchten wir diese Thematiken nicht unkommentiert an uns vorbeiziehen lassen und insbesondere aus gewerkschaftlicher Sicht problematisieren.
Denn zum einen sprechen insbesondere auch haushalts- und personalpolitische Gründe für einen Abwahlantrag, zum anderen sind diese Ereignisse eng mit dem autoritären Umbau der HU sowie mit den Herrschaftsstrukturen verknüpft, die das hiesige Lehrstuhlsystems zugunsten von Professor*innen mit sich bringt.
... schlecht für Beschäftigte
So müssen wir feststellen, dass die Haushaltsplanung anlässlich der kostspieligen Einführung des SAP-Verwaltungssystems unnötige Kürzungen mit sich brachte, die z.T. über den Mittelbau abgewickelt wurden. Zudem verloren mehrere hundert studentische Beschäftigte seit Oktober 2018 ihren Job, da die HU sich weigerte, ihre Stellen in den TV-L zu überführen. Seit Juni 2019 stehen dazu auf Senatsebene sogar 4 Mio. € bereit, die u.a. die HU-Leitung bisher nicht abgerufen hat. Personalknappheit und Überlastung verweisen in vielen Bereichen, nicht nur den Bibliotheken, auf eine verfehlte Personalpolitik.
Möglich wird dies dadurch, dass die Entscheidenden, die Professor*innen und die Universitätsleitung, von diesen Folgen nicht direkt betroffen sind. Sie wurden nicht aufgrund verkürzter Öffnungszeiten aus ihren Bibliotheken geworfen, baden nicht die Überstunden aus oder müssen sich einen neuen Job suchen, weil ihre Stellen nicht verlängert werden. Ebenso realitätsfern liest sich die Stellungnahme des HU-Präsidiums mit dem inhaltsleeren Titel "Wie gehen wir miteinander um?", in der die Hochschulleitung im Konfliktfall des rechtsradikalen Baberowski nicht einmal auf den konkreten Fall eingeht, lediglich einen stumpfen Appell für einen respektvolleren Umgang bemüht. Dabei hatte der rechtsradikale Professor mit einem Facebook-Post unter Anhänger*innen dazu beigetragen, dass Referent*innen mit massiven rassistischen und frauenfeindlichen Anfeindungen konfrontiert sowie massiv bedroht wurden und schließlich mitsamt Bildeinträgen auf rechtsradikalen Watchblogs auftauchten. Statt Angehörige der Hochschule vor rechter Hetze in Schutz zu nehmen, attackiert die HU-Leitung hingegen demokratische Prozesse und treibt somit den Umbau zu einer äutoritäreren Hochschule voran.
In diesem Sinne unterstützen wir die verfasste Studierendenschaft in ihrer Rücktrittsforderung gegenüber Kronthaler und Kunst sowie die studentischen Initiativen hu undogmatische linke studierende (huuls), risse im asphalt (ria), die Kritische O-Wochen, Kritische Mediziner*innen, Medical Students for Choice, die Naturfreundejugend HU, die Fachschaften und den arbeitskreis kritische jurist*innen (akj) in ihrer Aufforderung an die HU-Leitung, sich von rechter Hetze zu distanzieren.
Mitteilung der Bildungssektion zur ver.di-Kampagne „Für die gute Sache! Aber zu welchem Preis?“
Die Forderungen beinhalten u.a. für die Angestellten ein Ende der Kettenbefristungen, ein Gleichstellungsgebot zu den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes, mehr Mitbestimmung in den Betrieben und die korrekte Eingruppierung nach realer Tätigkeit.
Bei den Freiberuflichen soll die Honorarordnung sowie die Honorartabellen des Landes grundsätzlich reformiert werden, um sie den aktuellen ökonomischen Umständen anzupassen. Außerdem soll es Honorarfortzahlungen im Krankheitsfall, Regelungen für Ausfallhonorare sowie eine Zahlung der halben Beiträge zur Sozialversicherung von Seiten der Arbeitgeber*innen geben. Die Implementierung einer Interessenvertretung ist ein ebenfalls überfälliger Schritt.
Die FAU Berlin hat bereits 2017 ähnliche Forderungen an den Vorstand des Bildungswerkes des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg (BLSB e.V.) gerichtet und ist damit in Haustarifverhandlungen gegangen.
Erfolgreiche Bildungs- und Beratungsarbeit bedarf personeller Kontinuität und keiner turnusmäßigen Kündigungen!
Nur als Team kann eine Weiterentwicklung der professionellen Arbeit umgesetzt werden. Dafür braucht es mehr Mitbestimmung im Betrieb!
Der Mut Diskriminierungsfälle und Übergriffe transparent zu machen bedarf Arbeitsplatzsicherheit und konkreten Anlaufstellen!
Die aktuelle prekäre ökonomische Lage vieler Freiberufler*innen kann nur durch einen grundsätzlichen Sinneswandel und Umstrukturierung der Honorarordnung gelingen!
Die Verlagerung vieler Tätigkeit von Angestellten zu schlechter bezahlten und strukturell benachteiligten Honorarkräften muss aufhören!
Wir können es nur gutheißen diese Forderungen in einem breiten Branchentarifvertrag umgesetzt zu sehen und rufen unsere Mitglieder zur Unterstützung der Kampagne auf!
Nähere Infos zur Kampagne:
http://gute-sache-welcher-preis.de/
Nähere Infos zum Arbeitskampf beim BLSB des LSVD Berlin:
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